Christ und Welt - Quo vadis?
Am Donnerstagabend die "Christ und Welt" zu lesen (aus dem Rheinischen Merkur hervorgegangene Beilage der Zeit), und mich dann wie der klischeegeplagte Familienvater der 60er Jahre lauthals im Kreis meiner Familie aufzuregen, gehört schon länger zu meinen Lieblingsbeschäftigungen. Aber das in-den-luftleeren-Raum hinein aufregen reichte mir auf Dauer doch nicht mehr, (meine Familie guckt irritiert (Kinder) oder spricht zustimmende Worte (Mann)), und darum beschloss ich einen Leserbrief zu schreiben! Ja, genau! Oma-Style! Allerdings online, moderne Oma also.
Der ist schnell formuliert und ich bin nicht mehr ganz glücklich damit, aber ich finde den Ausgangsartikel derart beispielhaft dür den Umgang der meisten Medien mit dem Thema "Katholische Kirche", dass ich ihm doch die Ehre der Verlinkung geben möchte. Aber nicht unwidersprochen.
Mein Leserbrief (gekürzt):
Sehr geehrte Frau Florin,
über Ihren Artikel habe ich mich so sehr geärgert, dass ich diesen Ärger
mitteilen möchte. Und gleichzeitig fürchte ich, nicht gehört und…
…ernstgenommen zu werden, sobald ich in eine bestimmte, Ihnen nicht genehme Richtung einzuordnen mich verdächtig mache.
Um irgendwo anzufangen: Wie kommen Sie auf die Idee, die Begriffe links
und rechts im Zusammenhang mit Formen der Glaubenspraxis zu verwenden?
Ich empfinde das als vielleicht ungewollte Botschaft der Abgrenzung: Wer
linkskatholisch ist, ist für Schlichtheit, Bescheidenheit, Dritte Welt,
Kirchentage und Verhütung. Und wer rechtskatholisch ist, dem ist
bewusst, dass ein Bischof jeden Tag die Heilige Messe feiert, dass er
das MUSS, der ist gegen Abtreibung, steht auf rote Schuhe und Ratzinger
und findet Öko doof. Oder so. Glauben Sie, dass wir Katholiken uns diese
Spaltung wirklich erlauben können? Ich empfinde einige Sätze in dem
Artikel als gehässig, zB. "Wer tiefer glaubt, zeugt und gebiert mit
höherer Frequenz." oder die Sache mit der dimmbaren Wahrheit; Oder die
Unterstellung, Benedikt-Fans raunten seltsame Worte, unter denen sich
eine leere Hülle verberge; Sie stellen so viele Fragen, auf die sie die
Antwort schon zu wissen scheinen, zB. was das konservative Lager
eigentlich verteidige, was Tebartz van Elst antreibt, sich in seinem
Bistum aufzuhalten und dort die Messe zu feiern, sie unterstellen ohne
echte Argumente, den Konservativen seien Gene und Gesinnung wichtiger
als Gott und die Menschen... Und ich frage mich, was kann Sie dazu
motiviert haben, einen Artikel zu schreiben, der keinerlei
Erkenntnisinteresse zu verfolgen scheint? Der Wunsch nach
Selbstbestätigung? Nach Ausgrenzung? Ich hielt es immer für ein
Spezifikum unserer Kirche, dass sie so weit ist, dass unter ihrem Mantel viele Spiritualitäten Platz haben. Aber aus Ihrem Artikel lese ich
heraus, dass ich in einer Kirche ihres Geschmacks keinen Platz hätte:
Als studierte Philosophin, die über Ratzinger gearbeitet hat, öko denkt
und wählt, Großfamilien toll findet und nichts gegen Moscheenbau hat,
Franziskus ebenso anerkennt wie seinen Vorgänger...wo passe ich hin in
Ihrem Schwarzweiß-Schema?
Frau Florin hat mir übrigens sehr freundlich gemailt und betont, es ginge ihr um Widerspruch, nicht um Zustimmung :D
Ich darf mal artig "Guten Tach vom Niederrhein" sagen!
AntwortenLöschenHerzlich willkommen in unserer erlesenen Runde. :-)
AntwortenLöschenFrohes Schaffen!
Und in voller Zustimmung mit dem hochwürdigen Herrn Alipius bin ich vollkommen gespannt auf die versprochenen "cholerischen Anfälle".
danke, ich freue mich, endlich mitzumischen! Der nächste Anlass für einen cholerischen Anfall kommt bestimmt, man muss nur aufmerksam Zeitung lesen...
AntwortenLöschenAuch meinerseits eine herzliches Willkommen und frohes Schaffen!
AntwortenLöschenich bin linksrechtskatholisch oder rechtslinkskatholisch :-)
AntwortenLöschenlinkskatholisch:
Öko
Dritte Welt
gothische Schlichtheit statt Barock
ich mag Papst Franziskus
rechtskatholisch:
jedes Kind ist ein Geschenk Gottes
Ratzinger
Rosenkranz
Messen mit Orgel statt Gitarre
und nun?
Das du kompliziert bist wissen wir alle. :-)
LöschenCassandra, dafür hat sich mein Andocken an die Blogoezese schon gelohnt: Die Aufzählung könnte ich direkt unterschreiben! Ich hatte mich schon gelegentlich als Freak gefühlt wegen dem linkrechts :D
LöschenIch ergänze die Liste mal für mich:
Links:
soziale Gerechtigkeit(ein weites Feld, ich weiß)
sozialisiert durch Anti-Nazi-Demos
gegen Atomkraft
Sinus-Milieu wahrscheinlich sozial-ökologisch oder dieses liberal-intellektuelle
rechts:
Beichte
Mundkommunion
Gender-skeptisch
traditionelle Ehe ist super (damit ist erstmal nix gegen andere gesagt!)
Elternrechte vs. staatliche Indoktrination
Da fiele mir noch eine Menge ein...
Man könnte ja mal so einen lustigen Test entwerfen. Oder gibts das schon?
Admiral: ich bin ganz einfach. Der Rest der Welt ist kompliziert!
Löschene.:so in etwa. Wobei ich mittlerweile die 25 verwirrten NPDler einfach rumlaufen ließe statt wegen einer Mini-Partei die Innenstadt komplett lahmzulegen.
Da ich ein Baby auf dem Arm habe, kommen nur sehr innovative Kommunionshelfer auf die Idee, mir Handkommunion anzureichen.
Ich verstehe nicht so recht, warum man nicht soziale Gerechtigkeit UND Messe auf Latein mögen kann. Wieso muß man "Pakete kaufen"?
Wir haben Ökostrom und finden Gender bestenfalls lustig.
Ich nenne es "sozialkonservativ".
O ja, die Problematik kenne ich nur allzu gut. Auch von mir ein paar Ergänzungen:
AntwortenLöschenlinks:
Fahrrad statt Auto, wenn möglich ;-)
vegetarisches Essen und Soja-Zeug
Vorsicht mit Auslandseinsätzen der Bundeswehr, Nato etc.
Beatles (in meinem Büro im Pfarrheim hängt ein Poster des Abbey-Road-Covers, das ich mit 16 auf Klassenfahrt in Berlin gekauft habe)
rechts:
gregorianischer Choral
klassische Orchestermessen
lieber auf den Richtigen warten statt zu früh durch zu viele Betten zu hüpfen
liturgische Regeln werden nicht durch den "Geist des Konzils" außer Kraft gesetzt
Ich finde, das ist kein Widerspruch, sondern zeigt eigentlich, daß es eine ziemlich Bandbreite an Möglichkeiten gibt und daß Schubladendenken meistens nicht weiterhilft.