Mittwoch, 12. Februar 2014

Christ und Welt - Quo vadis?

Am Donnerstagabend die "Christ und Welt" zu lesen (aus dem Rheinischen Merkur hervorgegangene Beilage der Zeit), und mich dann wie der klischeegeplagte Familienvater der 60er Jahre lauthals im Kreis meiner Familie aufzuregen, gehört schon länger zu meinen Lieblingsbeschäftigungen. Aber das in-den-luftleeren-Raum hinein aufregen reichte mir auf Dauer doch nicht mehr, (meine Familie guckt irritiert (Kinder) oder spricht zustimmende Worte (Mann)), und darum beschloss ich einen Leserbrief zu schreiben! Ja, genau! Oma-Style! Allerdings online, moderne Oma also.
Der ist schnell formuliert und ich bin nicht mehr ganz glücklich damit, aber ich finde den Ausgangsartikel derart beispielhaft dür den Umgang der meisten Medien mit dem Thema "Katholische Kirche", dass ich ihm doch die Ehre der Verlinkung geben möchte. Aber nicht unwidersprochen.

Mein Leserbrief (gekürzt):

Sehr geehrte Frau Florin,
über Ihren Artikel habe ich mich so sehr geärgert, dass ich diesen Ärger mitteilen möchte. Und gleichzeitig fürchte ich, nicht gehört und…
…ernstgenommen zu werden, sobald ich in eine bestimmte, Ihnen nicht genehme Richtung einzuordnen mich verdächtig mache.
Um irgendwo anzufangen: Wie kommen Sie auf die Idee, die Begriffe links und rechts im Zusammenhang mit Formen der Glaubenspraxis zu verwenden? Ich empfinde das als vielleicht ungewollte Botschaft der Abgrenzung: Wer linkskatholisch ist, ist für Schlichtheit, Bescheidenheit, Dritte Welt, Kirchentage und Verhütung. Und wer rechtskatholisch ist, dem ist bewusst, dass ein Bischof jeden Tag die Heilige Messe feiert, dass er das MUSS, der ist gegen Abtreibung, steht auf rote Schuhe und Ratzinger und findet Öko doof. Oder so. Glauben Sie, dass wir Katholiken uns diese Spaltung wirklich erlauben können? Ich empfinde einige Sätze in dem Artikel als gehässig, zB. "Wer tiefer glaubt, zeugt und gebiert mit höherer Frequenz." oder die Sache mit der dimmbaren Wahrheit; Oder die Unterstellung, Benedikt-Fans raunten seltsame Worte, unter denen sich eine leere Hülle verberge; Sie stellen so viele Fragen, auf die sie die Antwort schon zu wissen scheinen, zB. was das konservative Lager eigentlich verteidige, was Tebartz van Elst antreibt, sich in seinem Bistum aufzuhalten und dort die Messe zu feiern, sie unterstellen ohne echte Argumente, den Konservativen seien Gene und Gesinnung wichtiger als Gott und die Menschen... Und ich frage mich, was kann Sie dazu motiviert haben, einen Artikel zu schreiben, der keinerlei Erkenntnisinteresse zu verfolgen scheint? Der Wunsch nach Selbstbestätigung? Nach Ausgrenzung? Ich hielt es immer für ein Spezifikum unserer Kirche, dass sie so weit ist, dass unter ihrem Mantel viele Spiritualitäten Platz haben. Aber aus Ihrem Artikel lese ich heraus, dass ich in einer Kirche ihres Geschmacks keinen Platz hätte: Als studierte Philosophin, die über Ratzinger gearbeitet hat, öko denkt und wählt, Großfamilien toll findet und nichts gegen Moscheenbau hat, Franziskus ebenso anerkennt wie seinen Vorgänger...wo passe ich hin in Ihrem Schwarzweiß-Schema?

Frau Florin hat mir übrigens sehr freundlich gemailt und betont, es ginge ihr um Widerspruch, nicht um Zustimmung :D


9 Kommentare:

  1. Ich darf mal artig "Guten Tach vom Niederrhein" sagen!

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  2. Herzlich willkommen in unserer erlesenen Runde. :-)

    Frohes Schaffen!

    Und in voller Zustimmung mit dem hochwürdigen Herrn Alipius bin ich vollkommen gespannt auf die versprochenen "cholerischen Anfälle".

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  3. danke, ich freue mich, endlich mitzumischen! Der nächste Anlass für einen cholerischen Anfall kommt bestimmt, man muss nur aufmerksam Zeitung lesen...

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  4. Auch meinerseits eine herzliches Willkommen und frohes Schaffen!

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  5. ich bin linksrechtskatholisch oder rechtslinkskatholisch :-)

    linkskatholisch:
    Öko
    Dritte Welt
    gothische Schlichtheit statt Barock
    ich mag Papst Franziskus

    rechtskatholisch:
    jedes Kind ist ein Geschenk Gottes
    Ratzinger
    Rosenkranz
    Messen mit Orgel statt Gitarre

    und nun?

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    1. Das du kompliziert bist wissen wir alle. :-)

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    2. Cassandra, dafür hat sich mein Andocken an die Blogoezese schon gelohnt: Die Aufzählung könnte ich direkt unterschreiben! Ich hatte mich schon gelegentlich als Freak gefühlt wegen dem linkrechts :D
      Ich ergänze die Liste mal für mich:
      Links:
      soziale Gerechtigkeit(ein weites Feld, ich weiß)
      sozialisiert durch Anti-Nazi-Demos
      gegen Atomkraft
      Sinus-Milieu wahrscheinlich sozial-ökologisch oder dieses liberal-intellektuelle

      rechts:
      Beichte
      Mundkommunion
      Gender-skeptisch
      traditionelle Ehe ist super (damit ist erstmal nix gegen andere gesagt!)
      Elternrechte vs. staatliche Indoktrination

      Da fiele mir noch eine Menge ein...
      Man könnte ja mal so einen lustigen Test entwerfen. Oder gibts das schon?

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    3. Admiral: ich bin ganz einfach. Der Rest der Welt ist kompliziert!

      e.:so in etwa. Wobei ich mittlerweile die 25 verwirrten NPDler einfach rumlaufen ließe statt wegen einer Mini-Partei die Innenstadt komplett lahmzulegen.

      Da ich ein Baby auf dem Arm habe, kommen nur sehr innovative Kommunionshelfer auf die Idee, mir Handkommunion anzureichen.

      Ich verstehe nicht so recht, warum man nicht soziale Gerechtigkeit UND Messe auf Latein mögen kann. Wieso muß man "Pakete kaufen"?

      Wir haben Ökostrom und finden Gender bestenfalls lustig.


      Ich nenne es "sozialkonservativ".

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  6. O ja, die Problematik kenne ich nur allzu gut. Auch von mir ein paar Ergänzungen:

    links:
    Fahrrad statt Auto, wenn möglich ;-)
    vegetarisches Essen und Soja-Zeug
    Vorsicht mit Auslandseinsätzen der Bundeswehr, Nato etc.
    Beatles (in meinem Büro im Pfarrheim hängt ein Poster des Abbey-Road-Covers, das ich mit 16 auf Klassenfahrt in Berlin gekauft habe)


    rechts:
    gregorianischer Choral
    klassische Orchestermessen
    lieber auf den Richtigen warten statt zu früh durch zu viele Betten zu hüpfen
    liturgische Regeln werden nicht durch den "Geist des Konzils" außer Kraft gesetzt

    Ich finde, das ist kein Widerspruch, sondern zeigt eigentlich, daß es eine ziemlich Bandbreite an Möglichkeiten gibt und daß Schubladendenken meistens nicht weiterhilft.

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